Wachstumsmarkt Leistungshalbleiter Power-Chips: Chinas Hersteller machen Jagd auf Marktführer Infineon

Von Henrik Bork

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Die Popularität von E-Autos befeuert in China weiterhin den Markt für Leistungshalbleiter. Das sind gute Nachrichten für den deutschen Chiphersteller Infineon, dessen Verkäufe in der ersten Jahreshälfte um 45,8 Prozent gestiegen sind. Aber auch chinesische Hersteller von Power-Chips surfen auf dieser Welle und wachsen schnell.

Im VW ID.3 stecken über 50 ICs von Infineon, darunter auch viele Leistungshalbleiter. Weltweit ist der Neubiberger Konzern Marktführer für Power-ICs. Doch auch andere Hersteller wollen größere Stücke von diesem lukrativen Wachstumsmarkt abbekommen.
Im VW ID.3 stecken über 50 ICs von Infineon, darunter auch viele Leistungshalbleiter. Weltweit ist der Neubiberger Konzern Marktführer für Power-ICs. Doch auch andere Hersteller wollen größere Stücke von diesem lukrativen Wachstumsmarkt abbekommen.
(Bild: Volkswagen AG)

Trotz vieler Corona-Lockdowns in der Folge der „Null-Covid-Politik“ Pekings erlebt der Markt für NEV oder „New Energy Vehicles“ in China gerade sein zweites Boomjahr in Folge. 2021 wurden davon erstmals mehr als zwei Millionen verkauft, fast doppelt so viele wie 2020. Bislang sieht es so aus als würden es in diesem Jahr noch mehr.

Als NEV werden in China Elektrofahrzeuge, Hybride und andere mit „alternativen Antrieben“, etwa mit Brennstoffzelle, zusammengefasst. Gemeinsam ist allen, dass in ihnen wesentlich mehr Leistungs-ICS (Power-Chips) verbaut werden als in Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor. Auch herrschen ganz andere Anforderungen vor, etwa durch die viel höheren Bordspannungen und die umfangreiche Elektronik für das Laden und das Batterie-Management.

Hohes NEV-Wachstum treibt Nachfrage nach Leistungs-ICs

„Mit dem rapiden Wachstum im Markt für NEV wächst auch die Nachfrage nach Power-Halbleitern,“ schreibt das chinesische Fachmedium NE Times. In der ersten Hälfte dieses Jahres seien davon 2,31 Millionen Einheiten verkauft worden, beinahe doppelt so viele wie im selben Zeitraum vor einem Jahr, berichtet NE Times unter Auswertung von Versicherungs-Statistiken in China.

Nur 290.000 davon waren MOSFET (Metal Oxide Semiconductor Field Effect Transistor) für relativ geringe Spannungen in älteren Autotypen. Ziehe man die ab, so wurden immer noch 2,01 Millionen Power-Chips für E-Autos und Hybride mit mittleren bis hohen Spannungen verbaut, so das Fachmedium der Energiewende.

Infineon mit Abstand Marktführer bei Power-Chips

Der in Neubiberg bei München ansässige deutsche Hersteller Infineon konnte auch im ersten Halbjahr 2022 erneut seine absolute Marktführerschaft in China behaupten, mit 533.000 installierten Einheiten und einem daraus resultierenden Marktanteil von 26,4%, ist dem Bericht zu entnehmen. Das waren im ersten Halbjahr 45,8% mehr verkaufte Power-Halbleiter für Infineon in China als im ersten Halbjahr 2021.

Noch schneller wachsen in diesem Chip-Segment seit Beginn dieses Jahres aber einige chinesische Konkurrenten von Infineon. Da ist vor allem der mit 393.000 installierten Einheiten momentan noch auf Platz 2 der Top Ten stehende chinesische Chip- und E-Auto-Hersteller BYD zu nennen. Dessen Absatz von Power-Chips wuchs im ersten Halbjahr sogar um 209,2%.

BYD: Starke vertikale Integration

Marktanteile der Anbieter von Leistungshalbleitermodulen in China, in Klammern die Jahr-zu-Jahr-Wachstumsraten. Infineon ist noch mit einigem Abstand Marktführer, chinesische Unternehmen wie BYD und StarPower wachsen allerdings schneller.
Marktanteile der Anbieter von Leistungshalbleitermodulen in China, in Klammern die Jahr-zu-Jahr-Wachstumsraten. Infineon ist noch mit einigem Abstand Marktführer, chinesische Unternehmen wie BYD und StarPower wachsen allerdings schneller.
(Bild: Asia Waypoint / NE Times)

BYD, das von Analysten für seine gut umgesetzte vertikale Integration gelobt wird, hatte Lieferkettenprobleme in der Folge von Covid-Lockdowns und anderen Negativ-Faktoren besser im Griff als manch anderer Konkurrent. Die von der Autosparte des Konzerns produzierten Hybride vom Typ BYD DM-i verkauften sich sehr gut, was sich wiederum positiv auf die Geschäftsergebnisse der Chip-Sparte von BYD auswirkte.

Im Segment der IGBT-Module rangiert BYD bereits auf dem zweiten Platz in China, wieder gemessen an installierten Einheiten, nur noch übertroffen von Infineon. Und bei den neuen SiC-Chips hat der Konzern ebenfalls mit der Skalierung der Produktion begonnen, auch wenn da der Abstand zur ausländischen Konkurrenz momentan noch grösser ist.

Skalierung der SiC-Chips hat begonnen

Starpower Semiconductor, ein weiterer aufsteigender Stern am chinesischen Halbleiterhimmel, konnte seinen Absatz von Power-Chips im ersten Halbjahr um 156.6% steigern, auf immerhin schon 342.000 verbaute Einheiten. Schon seit dem vergangenen Jahr wächst dabei der Anteil der hochwertigen Autos der Premiumklasse mit besonders hohen Anforderungen an die Qualität und alle Leistungs-Parameter.

Wie bei anderen in der „Top 10“ der Hersteller von Power-Chips in China (siehe Infografik) wird die Nachfrage auch vom schnellen Wachstum in anderen Industrien getragen, etwa im Bereich Photovoltaik. Doch die Automobilindustrie mit E-Mobilität, dem vernetzten Fahren (V2X) und anderen Zukunfts-Technologien wie Fahrassistenz und autonomes Fahren ist derzeit mit Abstand der größte Wachstumstreiber für Power-Chip-Produzenten.

Zentralplaner in Peking wollen mehr Tech-Autarkie

Für Chinas Halbleiterindustrie, die von den Zentralplanern der kommunistischen Partei in Peking aus politischen Gründen zu mehr „Autarkie“ gedrängt wird, ergibt sich aus diesen günstigen Marktbedingungen eine historische Chance, im Bereich der Power-Halbleiter zu international führenden Anbietern wie Infineon aufzuschließen.

„Einige Hersteller greifen die Gelegenheit zur heimischen Substitution beim Schopf, erzielen Durchbrüche in ihrem jeweiligen Feld und rapides Wachstum,“ schreibt das Fachblatt Xin Shixiang in einer aktuellen Analyse. Die „heimische Substitution“ steht für die Produktion von Schlüsselkomponenten durch chinesische Hersteller, um künftig nicht mehr so viele Module bei Infineon und anderen ausländischen Anbietern einkaufen zu müssen.

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* Henrik Bork ist Analyst bei Asia Waypoint, einem auf den asiatischen Markt fokussierten Beratungsunternehmen in Peking.

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